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Ukrainischer Bürgerkrieg?

Christoph Hasselbach5. Februar 2014

Die Zukunft der Ukraine steht auf dem Spiel, sind EU-Parlamentarier überzeugt. Einige fordern Sanktionen, andere wollen das Land finanziell unterstützen, damit politische Reformen endlich in Gang kommen.

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Demonstranten mit Flaggen, darunter Europaflagge Foto: picture-alliance/dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Eine gewisse Panik hat die EU beim Gedanken an die Ukraine ergriffen. Das war auch bei der Debatte im Europaparlament am Mittwochnachmittag (05.02.2014) spürbar. Was passiert, wenn die politische Krise nicht bald gelöst wird? Bricht dann ein Bürgerkrieg aus? Schon jetzt steht das Land vor dem finanziellen Bankrott. Selbst Russland, an das sich Präsident Wiktor Janukowitsch angelehnt hat, verweigert die Auszahlung der zugesagten Kredite, solange die politische Pattsituation andauert. EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle bemerkte im Parlament ernst: "Es steht nicht nur der Respekt der Menschenrechte auf dem Spiel, sondern die Zukunft der Ukraine selbst." Bis zum Ende der Olympischen Winterspiele im russischen Sotschi, so glauben viele Parlamentarier, werde es keine Gewaltlösung geben - aber für die Zeit danach will niemand Wetten abschließen.

Funktionäre haben vorgesorgt

Die europäischen Vermittlungsversuche sind bisher vor allem daran gescheitert, dass Janukowitsch die EU für parteiisch hält: Sie unterstütze einseitig die Opposition, und die Demonstranten seien Krawallmacher, die die staatliche Ordnung missachteten. Unter diesem Stern steht auch der jüngste Besuch der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Kiew.Doch für den deutschen CDU-Europaabgeordneten Elmar Brok steht fest: "Nicht die Demonstrationen, sondern die Gewalt gegen sie waren der Auslöser der Krise." Brok ist auch Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments und war in letzter Zeit mehrmals in Kiew, so wie auch die Grünenabgeordnete Rebecca Harms. Sie prangert nicht nur die Gewalt gegen Demonstranten an. Harms regt sich auch auf, dass ukrainische Regierungsmitglieder wie der zurückgetretene Ministerpräsident Mikola Asarow sich anschließend in den Westen abgesetzt haben, während einfache Ukrainer kaum Visa für die EU bekämen. Es sei "einfach unglaublich, dass diejenigen, die für europäische Werte kämpfen, nur unter sehr teuren und schwierigen Umständen Visa bekommen können, während diejenigen, die das Land ausplündern und für die Eskalation verantwortlich sind, für ihre Familien schon lange Pässe haben."

Ashton mit ukrainischen Oppositionsführern Foto: picture-alliance/AP
Die EU-Außenbeaufragte Ashton mit den Oppositionsführern Tjagnibok, Klitschko und JatsenjukBild: picture-alliance/AP

Die Forderung: Neuwahlen und die alte Verfassung

Harms, die im Laufe des Winters viermal in der Ukraine war, fordert Reisebeschränkungen für hohe Regierungsmitglieder und das Einfrieren von Vermögen. Auch Brok findet: "Die Verantwortlichen für Folter und Verhaftungen müssen mit Einreiseverboten oder Sperrung ihrer Konten und ihres Auslandsvermögens rechnen." EU-Sozialisten-Fraktionschef Hannes Swoboda sieht aber die Zeit für Sanktionen noch nicht gekommen. Noch sei Zeit für Dialog. Auch Liberalen-Fraktionschef Guy Verhofstadt will Janukowitsch noch eine Chance geben. Die EU solle erst einmal das "Gewehr laden" und damit drohen, aber es erst abfeuern, wenn sich Janukowitsch den Forderungen verweigere. Welche Forderungen das sind, darin scheint sich allerdings eine große Mehrheit des Parlaments einig zu sein: Es soll baldige Neuwahlen sowohl für das Parlament als auch für das Präsidentenamt geben, und die Verfassung von 2004 soll wieder gelten. Damals hatten Parlament und Regierung mehr Rechte, der Präsident weniger.

Bei Reformen mehr europäische Hilfe

Doch dem Europaparlament ist auch wichtig, nicht nur die Sanktionskeule zu schwingen. Kommissar Füle sagte, die EU werde "bei einem positiven Szenario zu einer Ausweitung unserer Hilfe bereit sein." Wieviel das sein wird, darüber wollen weder der Kommissar noch die Parlamentarier Konkretes sagen. Der rumänische Sozialdemokrat Adrian Severin stand ziemlich allein da mit seiner Forderung, die Hilfe müsse "ähnlich" hoch sein wie die russische, das wären gut 10 Milliarden Euro. Auf einen Bieterwettbewerb gegen Russland will sich niemand einlassen. Severins Fraktionschef Hannes Swoboda sprach immerhin von einem "Marshall-Plan", über den die EU und die USA nachdenken sollten. Und einen Gegensatz zu Russland müsse es auch gar nicht geben: "An der Unterstützung könnte sich natürlich auch Russland beteiligen, falls Russland mitmachen und eine Modernisierung des Landes möglich machen will." Auch andere EU-Vertreter haben immer wieder gesagt, weder müsse sich die Ukraine zwischen der EU und Russland entscheiden noch gehe es hier um einen geopolitischen Machtkampf zwischen Brüssel und Moskau. Doch es war bisher Russland, dass sich bisher immer solchen Dialogangeboten verweigert hat.

Janukowitsch und Putin stecken die Köpfe zusammen Foto: picture-alliance/dpa
Verbündete: Janukowitsch und PutinBild: picture-alliance/dpa