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Der Herr der Ringe wird 60

Calle Kops / Joscha Weber (sid,dpa)29. Dezember 2013

Thomas Bach feiert seinen 60. Geburtstag. Der neue Präsident des Internationalen Olympischen Komitees kann an seinem Ehrentag auf das wohl ereignisreichste Jahr seines Lebens zurückblicken.

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IOC Präsident Thomas Bach hält sein Gesicht in seinen Händen (Foto: REUTERS/Enrique Marcarian)
Bild: Reuters

Thomas Bach hat allen Grund zum Feiern: Der erste deutsche IOC-Präsident ist am Sonntag (29.12.2013) 60 Jahre alt geworden. Seit seinem Wahlsieg am 10. September in Buenos Aires dreht sich die Welt für Bach rasend schnell. Er besuchte ein knappes Dutzend Länder, schüttelte Staatsoberhäuptern und sogar dem Papst die Hand. Ganz nebenbei legt er bei der Reform des Internationalen Olympischen Komitees ein beachtliches Tempo vor. "Die Aufgaben werden internationaler. Ich habe eine große Verantwortung für den Weltsport. Aber ich will mich nicht beklagen, ich mache das freiwillig", sagt Bach. Mit seiner Frau Claudia ist er von Tauberbischofsheim nach Lausanne in die Schweiz gezogen, nicht weit entfernt von seinem Büro im IOC-Hauptquartier am Genfer See. Von dort aus ging es seit Anfang September fast nonstop hinaus in die weite Welt.

Er war im antiken Olympia zur Entzündung des Olympischen Feuers, zu Antrittsbesuchen in Japan, Südkorea und China, hatte im Vatikan eine Privataudienz beim Papst und verdrückte beim Erhalt der DOSB-Ehrenpräsidentschaft in Wiesbaden ein paar Tränen der Rührung. Er redete bei der Anti-Doping-Weltkonferenz in Johannesburg und vor den Vereinten Nationen in New York, er besuchte Paris, Madrid und - natürlich - Sotschi.

Reifeprüfung Sotschi

Wladimir Putin (l.) und IOC-Chef Thomas Bach (r.) in Sotschi (Foto: REUTERS/Alexander Zemlianichenko)
Wladimir Putin (l.) und Thomas Bach (r.) in SotschiBild: Reuters

Die weltweit in der Kritik stehenden Winterspiele am Schwarzen Meer werden zur großen Prüfung für Bach. Sein Vorgänger Jacques Rogge ist 2008 mit dem Spagat, die olympischen Werte mit den politischen Machtspielchen der chinesischen Gastgeber in Peking in Einklang zu bringen, gnadenlos gescheitert. Bach will und muss es im Zusammenspiel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin besser machen, will die olympische Bewegung nicht noch mehr an Glaubwürdigkeit verlieren.

Bachs Bemühungen sind offensichtlich. Putin dazu zu bewegen, auch Homosexuellen für Sotschi öffentlich eine Wohlfühlgarantie auszusprechen, darf er als persönlichen Erfolg verbuchen. Man werden alles tun, um sicherzustellen, dass sich Athleten, Fans und Gäste bei den Olympischen Spielen wohl fühlen, unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft, der Rasse oder der sexuellen Ausrichtung, sagte Putin bei Bachs Besuch in Sotschi Ende Oktober. Dennoch: Geht es bezüglich der Menschenrechtssituation in Russland ins Detail, blockt Bach ab und beweist auch im neuen Amt das taktische Kalkül, das ihn über Jahre vor seiner Wahl zum IOC-Boss unantastbar gemacht hat.

Vom Olympiasieger zum IOC-Präsidenten

Der deutsche Florett-Fechter Thomas Bach sitzt auf einer Bank am 23.04.1972 in Deutschland (Foto: picture-alliance / ASA)
Der junge Florett-Fechter Thomas Bach: Olympiasieger und Weltmeister mit der MannschaftBild: picture-alliance/dpa

Manche Wegbegleiter sagen, dass er diesen Schritt seit langer Zeit geplant habe. Thomas Bach, der Profi-Sportpolitiker, der erfahrene Netzwerker, der wortgewandte Conférencier ist der neunte IOC-Präsident seit der Gründung des Verbandes 1894 durch den französischen Visionär Pierre de Coubertin. Wie der Gründer der Olympischen Spiele der Moderne war auch Thomas Bach selbst Sportler und lernte zu seiner Zeit als Fechter zwei Kernkompetenzen für seine späteren Erfolge in der Sportpolitik - das geduldige Abwarten und das Gespür für den richtigen Moment zur Offensive.

Bei seinem wichtigsten Vorstoß in seiner langen Karriere als Sportpolitiker agierte er wieder wie damals auf der Planche als Fechter. Lange hielt er die Deckung aufrecht, beobachtete seine Gegner und suchte plötzlich doch die Offensive: Als Erster ging er ins Rennen um das höchste Amt im Sport, die IOC-Präsidentschaft. Eine Entscheidung, die er nicht bereut haben dürfte, schließlich setzte er als einflussreicher und erfahrener IOC-Spitzenfunktionär seine Kontrahenten früh unter Druck.

Ein Leben für den Sport

Jacques Rogge (l.) umarmt Thomas Bach (Foto: Reuters)
Stabwechsel: Jacques Rogge übergibt an Thomas BachBild: Reuters

Seit rund zwei Jahren hatten Beobachter darüber spekuliert, ob und wann der bisherige IOC-Vize-Präsident Bach für den Posten seines scheidenden Chefs Jacques Rogge kandidiert. Im vergangenen Mai tat er es und begründete: "Ich glaube, dass meine langjährige Erfahrung und aufgebauten Vertrauensverhältnisse sowie mein Herzblut als Athlet und Olympiasieger den einen oder anderen überzeugen können". Er sollte Recht behalten, nun ist er der höchste Repräsentant des Weltsports.

Seine Vita zeigt, dass Bach schon immer dem Sport eng verbunden war: 1953 geboren in Würzburg und schon als Fünfjähriger im deutschen Fechter-Mekka Tauberbischofsheim am Florett aktiv. Gefördert vom großen Fechttrainer Emil Beck, wurde Bach 1971 deutscher Junioren-Meister und schaffte schnell den Sprung in die Nationalmannschaft, mit der er als 22-Jähriger den ganz großen Treffer setzte: Olympia-Gold mit der Mannschaft im Florett-Finale gegen Italien in Montreal 1976. Ein Jahr später folgte noch der Weltmeistertitel im Team. Doch der ehrgeizige Bach arbeitete längst an seiner Karriere nach der aktiven Laufbahn: Er vertrat als Athletensprecher seine Kollegen beim Olympischen Kongress 1981 und schloss zwei Jahre später sein Jura-Studium mit "magna cum laude" ab - zwei wichtige Qualifikationen für die nun folgende Karriere als Sportfunktionär.

Einflussreiche Förderer

Herbert Hainer (l), Vorstandsvorsitzender der adidas Gruppe, und Thomas Bach, Präsident Deutschen Olympischen Sportbund DOSB, präsentieren 2012 in London den Sprintschuh "adizero prime" mit der Aufschrift "dosb 2016" und "adidas 2016" (Foto: picture-alliance / dpa)
Alte Verbundenheit: Bach (r.) und Adidas-Chef HainerBild: picture-alliance/dpa

Beim Sportartikelhersteller Adidas lernte er als Direktor für internationale Beziehungen bei Konzern-Chef Horst Dassler das Einmaleins des Sport-Lobbyings und begann ein Netzwerk zu knüpfen. Bach, der auch Englisch, Französisch und Spanisch spricht, geriet schnell in den Blick des inzwischen verstorbenen ehemaligen IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch. Der förderte den ambitionierten Juristen und positionierte Bach für eine sportpolitische Laufbahn. Bereits im Alter von 37 Jahren wurde Bach ins IOC gewählt, fünf Jahre später stieg er in den Führungszirkel, das Exekutivkomitee, auf. Und 2000 wurde er sogar Vize-Präsident des mächtigsten Sportverbandes der Welt.

An der Seite von Ex-IOC-Präsident Jacques Rogge arbeitete Bach verlässlich, wartete geduldig auf seine Chance und hielt dem Chef den Rücken frei: In der vielleicht schwersten Krise des olympischen Dachverbands, dem Bestechungsskandal rund um die Spiele von Salt Lake City 2002, konnte Bach als Krisenmanager punkten. Rogge, der Bach nach eigener Aussage seit langer Zeit freundschaftlich verbunden ist, hilft seinem ehemaligen Stellvertreter nun als Dank für dessen Loyalität mit dem einen oder anderen guten Wort. Bach sei "eine wichtige Stütze der weltweiten olympischen Bewegung" und habe "alles, was ein Präsident braucht". Auch am 10. Januar wird Rogge sicher dabei sein, wenn der große Geburtstagsempfang zu Bachs 60. Geburtstag in dessen alter Heimat Tauberbischofsheim über die Bühne geht.