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Erfolg mit kleinen Karten

Klaus Deuse7. Oktober 2013

Für einen Juristen, einen Betriebswirt und eine Sprachlehrerin hieß das Zauberwort für den Start ins Geschäftsleben: Plastik. Das Start-up-Unternehmen bringt jährlich drei Millionen Plastikkarten unters Volk.

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Der Chip einer EC-Karte und die Modelleisenbahnfigur eines Arbeiters (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Fast jeder Deutsche hat ein paar Plastikkarten im Portemonnaie. Mal in Form eines Mitgliedsausweises für einen Fitnessclub oder eines Kulturkreises, mal als Punktesammelkarte einer Drogeriemarktkette, als Kundenkarte eines Autoherstellers oder als Mitarbeiterausweis. Die Layouts für alle Karten entstehen am Computer und werden je nach Zweck mit Fotos und Barcodes ergänzt. So auch bei der "PlastikkartenMonster GmbH" in Bochum, das sich auf dem expandierenden Markt bewusst für einen ausgefallenen Namen entschieden hat.

Start ups brauchen Geld

Bereits knapp drei Jahre nach der Gründung bringt das Start-up- Unternehmen über drei Millionen Plastikkarten unters Volk. Und zwar jährlich, mit rasant wachsenden Zuwachsraten. Die Rezeptur für den Erfolg könnte man so beschreiben: Man nehme einen Juristen, einen Betriebswirt und eine Sprachlehrerin für Englisch und Spanisch, die von Haus aus allesamt keine Plastikkenntnisse besitzen. Dafür aber bringen sie unternehmerisches Gespür über den Tellerrand ihrer Ausbildung hinaus mit.

Preiswerte Marktforschung

Jurist Peter Eckhardt machte sich nach seinem Studium keine Illusionen: "Es gibt so viele Juristen. Da hat man es als Anfänger, wenn man alleine ist, sehr schwer." Im Plastikkartengeschäft sah er bessere Perspektiven als auf dem überfüllten Markt für junge Rechtsanwälte. So wie der 38jährige Peter Eckhardt suchte auch der Betriebswirt Hendrik Hüniger eine neue Herausforderung. "Der BWL'er hat zunächst einmal gemeint, eine selbstständige Tätigkeit wäre auf jeden Fall etwas für ihn", spricht Hüniger über sich selbst, "und dann kam dieses Plastikkartengeschäft zur rechten Zeit."

Bei dem Foto des Teams stehen hinten v..l nach rechts Hendrik Hüniger und Peter Eckhardt, die Geschäftsführer.  Im Vordergrund sind zwei Mitarbeiter. zugeliefert von: Rolf Wenkel copyright: PlastikkartenMonster GmbH
Einige Mitarbeiter der Plastikkarten Monster GmbHBild: PlastikkartenMonster GmbH

Denn Sprachlehrerin Magdalena Wisnios, die Dritte im Bunde, besaß Kontakte zu Druckereien in Deutschland und China. Und fertig war: die "PlastikkartenMonster GmbH." Natürlich habe man die Chancen auf diesem Markt vorher geprüft. Dafür habe man allerdings keinen großen Aufwand betreiben müssen, merkt Hendrik Hüniger an. Man habe nur einmal ins eigene Portemonnaie schauen und nachzählen müssen, wie viel Karten dort drin stecken. "Und dann rechnet man hoch, wie viel Menschen in Deutschland leben. Oder auch Österreich und die Schweiz. Und dann merkt man ziemlich schnell, dass da eine Menge Millionen Karten im Jahr benutzt werden." Da fiel die Entscheidung nicht mehr schwer, es zumindest mal zu probieren.

Festes Format, viele Funktionen

Ein Markt, auf dem sich das junge Unternehmen peu a peu Anteile erobert hat. Mit einem stets individuellen Design für die Kunden, denn das Format kann man nach den Worten von Peter Eckhardt nicht neu erfinden. Hinter der offiziellen Normierung DIN ISO 7810 stehen sozusagen zementiert die Maße: 54 mal 86 Millimeter bei einer Dicke von 0,76 Millimeter. Entscheidend in diesem Geschäft ist, was man daraus gestalterisch für den jeweiligen Zweck macht. Von der Fitnessstudio-Karte bis zum Clubausweis für Kultureinrichtungen. Der Kundenstamm ist deutschlandweit bunt gemischt. Dazu gehören u.a. die Autobauer BMW und Audi, der Bekleidungs- und Schuhversandhändler Zalando sowie die Fußballbundesligisten Hannover 96 und Hertha BSC. Außerdem versorgt man die Ruhr-Universität Bochum mit einigen zehntausend Studentenausweisen auf Hybridchip-Kartenbasis.

Auch der Golfclub Graubünden in der Schweiz lässt seine Karten bei der "PlastikkartenMonster GmbH" in Bochum drucken. zugeliefert von: Rolf Wenkel copyright: PlastikkartenMonster GmbH
Auch der Golfclub Graubünden lässt seine Karten in Bochum druckenBild: PlastikkartenMonster GmbH

Zum Spektrum gehören nach den Worten von Hendrik Hüniger sowohl exklusive limitierte Karten-Auflagen mit Zutrittsberechtigung für die noblen Golfclubs von St. Moritz und Davos in der Schweiz als auch zigtausendfache Jahreskarten für öffentliche Einrichtungen. Zum Beispiel für die Bäderbetriebe in Saarbrücken hat das Bochumer Unternehmen ein Abo-Kartensystem programmiert, das den Zutritt zu den Bädern steuert. Die Halbjahres- oder Jahreskarte enthält gespeicherte Informationen über Jugend- und Erwachsenen-Tarife sowie über die bezahlte Laufzeit.

Solides Wachstum

In diesem Jahr springt das junge Unternehmen, das drei feste Mitarbeiter beschäftigt, erstmals über die Umsatzmarke von einer Million Euro. Zum erweiterten Mitarbeiterkreis gehören auf freiberuflicher Basis außerdem ein Grafikdesigner und eine Google-Optimiererin, die das gesamte Online-Marketing organisiert. Und da selbst engagierte Jungunternehmer nicht alles im Alleingang bewältigen können, greifen sie auf die Dienste eines IT-Experten zurück, der für Kunden individuelle Programmierungen erstellt und unterschiedliche Zutritts- und Kundenbindungssysteme entwickelt. Auf den kleinen Karten finden viele Informationen Platz.

Auch Herta BSC lässt seine Dauerkarten bei der "PlastikkartenMonster GmbH" in Bochum drucken. zugeliefert von: Rolf Wenkel copyright: PlastikkartenMonster GmbH
Auch Bundesligist Hertha BSC ist Kunde in BochumBild: PlastikkartenMonster GmbH

Den Sprung in die Selbstständigkeit auf dem vielfältigen Plastikkartenmarkt haben die Jungunternehmer nicht bereut. Vor allem mit der Gründung der GmbH und der Verteilung der erforderlichen Einlage von 12.500 Euro auf drei Teilhaber-Schultern habe man das Risiko überschaubar gehalten. Ihnen sei es wichtig gewesen, keinen Bankkredit aufzunehmen, sagt Hendrik Hüniger. Nach seiner Erfahrung kann man sich durchaus mit einer guten Idee selbstständig machen, auch ohne viel Fremdkapital. "Das vielleicht auch als Hinweis für andere Menschen, die sich darüber Gedanken machen: Man kann auch ohne extrem großes Risiko ein unternehmerisches Denken anstoßen."