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Nooke: "Scheckbuch-Diplomatie funktioniert nicht"

Peter Hille24. Januar 2013

Der Afrika-Berater der Bundeskanzlerin, Günter Nooke, spricht im DW-Interview über finanzielle Hilfe für die Mali-Mission. Die Bundesregierung könne auch zwischen den Konfliktparteien vermitteln.

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Porträt von Günter Nooke, persönlicher Afrika-Beauftragter der Bundeskanzlerin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, im Interview mit Peter Hille, DW. (Foto: DW/Per Henriksen)
Bild: DW/P. Henriksen

Deutsche Welle: Herr Nooke, Menschenrechtsgruppen werfen der malischen Armee vor, in einer Rache-Aktion gegen islamistische Kämpfer gezielt Araber und Angehörige des Tuareg-Volks hingerichtet zu haben. Sind sie froh, dass Deutschland nicht an der Seite der malischen Armee kämpft?

Günter Nooke: Grundsätzlich sollte man immer froh sein, wenn man Kriege vermeiden kann. Und dass Deutschland sich darum bemüht, Konflikte politisch zu lösen und nicht als erstes nach Feldherrenmanier Truppen schickt, das finde ich einen sympathischen Zug deutscher Außenpolitik. Wer es mit der Universalität der Menschenrechte ernst meint, der darf eigentlich nie Krieg führen, weil es dabei immer Tote gibt und immer massive Menschenrechtsverletzungen stattfinden. Trotzdem braucht man eine Polizei und manchmal muss die auch mit Gewalt eingreifen. Und jetzt haben wir eben Kampfhandlungen und es wäre gut, die Truppen wären besser geschult und besser ausgerüstet, damit das Verhalten der verschiedenen Armeen und Rebellengruppen nicht so ist, dass Kriegsverbrechen stattfinden.

Die Vorsitzenden der westafrikanischen Staatengemeinschaft ECOWAS und der Afrikanischen Union, Präsident Ouattara und Präsident Yayi, haben in Berlin von der Bundeskanzlerin ganz klar militärische Hilfe für den Mali-Einsatz gefordert. Sie beraten die Bundeskanzlerin in Fragen der Afrikapolitik. Was raten Sie Frau Merkel?

Ich glaube, dass es richtig ist, dass wir die Franzosen dort nicht alleine kämpfen lassen und dass wir auch die ECOWAS nicht alleine lassen, sondern Unterstützung anbieten. Die Kanzlerin hat ja bereits gesagt, dass das mit Ausrüstung und mit Ausbildung und Training sein kann für die ECOWAS-Truppen. Das kann aber auch darin bestehen, dass wir uns einsetzen für die internationale Begleitung dieses Konflikts etwa auf der Geberkonferenz für Mali am 29. Januar in Addis Abeba.

Wer wird von Seiten der Bundesregierung dorthin fahren und mit welchem Ziel?

Die Überlegungen dazu sind noch nicht abgeschlossen. Aber wir werden auf jeden Fall mit dem Ziel dort sein, uns zu beteiligen, ohne konkret Soldaten und Truppen für Kämpfe in Mali zuzusagen.

Heißt das, Deutschland beteiligt sich nur finanziell und kehrt damit zurück zur alten Scheckbuch-Diplomatie?

Nein, das funktioniert ja nicht. Uns allen sind die wachsende Verantwortung Deutschlands in der Welt und die Souveränität, die wir mit der Wiedervereinigung erlangt haben, klar. Deutschland ist seit langem erwachsen und voll zurechnungsfähig. Und da muss man auch bereit sein, Dinge zu tun, die vielleicht mehr Erklärung im Land hier brauchen, als wenn man immer nur sagt, wir sind die Friedensengel. Und die Ausbreitung islamistischen Terrors in der Sahel-Zone bedroht am Ende auch Deutschland.

Außenminister Westerwelle betont immer wieder, dass dieser nur mit einer politischen Lösung des Konflikts zurückgedrängt werden kann. Wie kann Deutschland dazu beitragen?

Es gibt einige Personen und auch Dienste, die einen ganz guten Überblick über die Sahel-Zone haben und deshalb natürlich auch einige Personen kennen, mit denen man reden kann.

Gehören dazu auch islamistische Kämpfer? Eine neue Gruppe namens Islamische Bewegung des Azawad hat sich gerade erst von den radikalen Ansar Dine Rebellen abgespalten und zu Gesprächen bereit erklärt.

Man kann prinzipiell immer mit allen sprechen. Wenn man mit jedem kämpfen kann, dann muss auch gelten, dass man mit jedem sprechen kann. Die Frage ist nur, ob bei einer Güterabwägung der Nutzen höher ist als der Schaden, der auch durch Gespräche entstehen kann, weil man falsche Eindrücke erweckt. Von daher ist das eine Entscheidung, die immer die Verantwortlichen vor Ort treffen müssen.

Günter Nooke ist der persönliche Afrika-Beauftragte der deutschen Bundeskanzlerin.

Die Fragen stellte Peter Hille.