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Krieg um Rohstoffe

Rodion Ebbighausen28. November 2013

In den Konflikten des 21. Jahrhunderts spielen Ressourcen eine immer größere Rolle. Im Chinesischen Meer streiten sich die Anrainerstaaten um mehrere Inseln, die neben Gas und Öl auch reich an Fisch sind.

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FILE - In this May 7, 2012 file photo released by China's Xinhua News Agency, CNOOC 981, the first deep-water drilling rig developed in China, is pictured at 320 kilometers (200 miles) southeast of Hong Kong in the South China Sea. The China National Offshore Oil Corp's sixth-generation semi-submersible rig operates at a water depth of 1,500 meters (yards), Xinhua said. The drill is ready to start production in the South China Sea Wednesday, May 9, 2012 amid an ongoing standoff with the Philippines in another section of the contested waters. (Foto:Xinhua, Jin Liangkuai, File/AP/dapd) NO SALES
China Vietnam Eskalation Fischfangrechte ÖlBild: AP

Der weltweite Hunger nach Rohstoffen wächst. Die Bereitschaft, eigene Interessen notfalls mit Waffengewalt durchzusetzen, auch.

Die klassischen Verbraucher von Rohstoffen sind die Industrienationen in Nordamerika, Europa und Japan. Sie verbrauchen rund 80 Prozent der weltweiten Ressourcen, obwohl sie nur 20 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen. In den letzten Jahren sind neue Konkurrenten auf dem Rohstoffmarkt aufgetaucht: Vor allem die Boomländer Indien und China beanspruchen mit ihrer riesigen Bevölkerung einen immer größeren Teil der natürlichen Ressourcen für sich.

Die wachsende Nachfrage hat den Wert der fossilen Brennstoffe wie Öl und Gas erheblich gesteigert - und damit auch das Interesse an den Reichtümern, die vor der eigenen Haustür liegen. China und die Anrainer des Chinesischen Meeres erheben Anspruch auf den Wert ihrer Meere. Mit Beginn des 21. Jahrhunderts haben die militärischen Auseinandersetzungen und Besetzungen einzelner Inseln im Südchinesischen Meer dramatisch zugenommen, weiß Andreas Seifert von der Informationsstelle Militarisierung e.V.

Fischreichtum ernährt Millionen

Das Chinesische Meer ist eines der größten und reichhaltigsten Fischgründe der Welt. Zehn Prozent des weltweiten Fischfangs entfallen allein auf das Südchinesische Meer, wie die International Crisis Group (ICG) berichtet. Vivian L. Forbes, Spezialist für politische Meeresgeographie von der Universität West-Australien, weist für das Ostchinesische Meer folgende Zahlen aus: 2012 wurden in ihm etwa 3,8 Millionen Tonnen Fisch gefangen. Seit 1960 steigen die Fangquoten ständig, ein Ende sei nicht in Sicht.

Vietnamesische Fischer sortieren ihre Netze (Foto: HOANG DINH NAM/AFP/Getty Images)
Vietnamesische Fischer ernähren Millionen ihrer Landsleute.Bild: Getty Images

Doch der Reichtum der Meere ist gefährdet: Überfischung und Vergiftung der Küstengebiete durch Abwässer drohen ihn zu zerstören, so Forbes. Die Fischer aller Nationen müssen weiter auf das offene Meer hinausfahren, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Dabei geraten sie immer häufiger mit Sicherheitskräften der verschiedenen Anrainer-Nationen aneinander, die bei den Fischgründen patrouillieren, um nationale Interessen durchzusetzen. Die Sicherheitskräfte beschädigen Netze, verhaften Fischer und beschlagnahmen Boote.

Die Fischereiwirtschaft stellt für die meisten Anrainer einen erheblichen Wirtschaftsfaktor dar. Kein Gebiet der Erde wird so stark befischt, wie die Meere vor Chinas Küste. Die Fische ernähren in der gesamten Region Millionen Menschen. Allein in China arbeiteten 2006 mehr als acht Millionen Menschen als Fischer, wie die gemeinnützige Organisation GreenFacts in einem Report ausweist. Zu den größten Fischerei-Nationen der Region gehören nach China in absteigender Reihenfolge Indonesien, Vietnam und die Philippinen. In Japan arbeiten immerhin noch über 200.000 Menschen als Fischer.

Für Vietnam, um ein weiteres Beispiel zu nennen, ist der Fischfang von existentieller Bedeutung. Er war im Jahr 2010 für sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts verantwortlich und stellte im gleichen Zeitraum auch die wichtigste Protein-Quelle für fast die gesamte Bevölkerung dar, wie die Ernährungs- und Landwirtschafts-Organisation der Vereinten Nationen (FAO) berichtet.

Kein Wachstum ohne fossile Rohstoffe

Neben dem Fisch geht es den Konfliktparteien vor allem um Öl und Gas. Allerdings ist noch weitgehend unklar, wie viel fossile Rohstoffe das Südchinesische Meer tatsächlich zu bieten hat. Hans Georg Babies von der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sagt im Interview mit der Deutschen Welle: "Man hat die tieferen Gewässern noch nicht genau ausgelotet, weil sich aufgrund der Grenzstreitigkeiten keine Firma traut, mit der Exploration anzufangen."

PKW's und Busse stauen sich am 4.2.2004 auf einer mehrspurigen Straße in der chinesischen Hauptstadt Peking.
Ohne fossile Rohstoffe kein Wachstum.Bild: picture-alliance/dpa

Schätzungen für das Südchinesische Meer reichen von vier bis zu 30 Milliarden Tonnen Öl. 30 Milliarden Tonnen, das entspräche den gesamten Ölreserven Saudi-Arabiens. Der Analyst Shen Zewei aus Singapur bezeichnete das Südchinesische Meer als "zweiten Persischen Golf". Babies steht derartigen Superlativen sehr skeptisch gegenüber. Er verweist auf Untersuchungen des Geologischen Dienstes der USA, der in den neunziger Jahren einige Becken des Südchinesischen Meeres untersucht hat und etwa zwei Milliarden Tonnen Öl bestätigen konnte.

Im Ostchinesischen Meer gehen die Schätzungen ebenfalls weit auseinander. Die Amerikanische Engerieinformationsbehörde (EIA) bestätigt 8 bis 14 Millionen Tonnen Öl und 28 bis 56 Milliarden Kubikmeter Gas. Die Chinesen setzten bei Schätzungen, so Meeresexperte Forbes, doppelt so hohe Zahlen an.

Spekulationen heizen Konflikt an

Gerhard Will von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin sieht in den zum Teil wilden Spekulationen einen hauptsächlichen Grund für die Konflikte in der Region: "Ein wesentlicher Konfliktpunkt ist, dass die Schätzungen ungenau und die Erwartungen so hoch sind. Wenn man einmal Klarheit über den Punkt hätte, wie viel wirklich in dieser Region liegt, dann könnte man leichter ein gemeinsames Ressourcenmanagement entwickeln." Eine gemeinsame Lösung ist aufgrund der zunehmenden Verhärtung der Fronten allerdings in weite Ferne gerückt. Ein philippinischer Beamter erklärte gegenüber der International Crisis Group (ICG): "Jede Kooperation in diesen Gewässern ist gestorben."