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Lächelnd an die Wahlurne

Katrin Gänsler28. Juli 2013

Mali will raus aus der Krise und am 28. Juli einen neuen Präsidenten wählen. Der Urnengang gilt als wichtiger Schritt zurück zur Demokratie. Trotzdem werden viele Malier davon ausgeschlossen sein.

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Sanagé Nana Coulibaly mit Wählerkarte (Foto: Katrin Gänsler)
Bild: DW/K.Gänsler

Sangaré Nana Coulibaly (Bild oben) muss nicht lange in ihrer großen Handtasche kramen. Ein Griff genügt, und sie hält ihre Wählerkarte – die "Carte Nina" (Nina steht für nationale Identifikationsnummer) – in den Händen. "Diese Karte ist sehr wichtig für mich", sagt die 58-Jährige, strahlt und wirft noch einmal einen prüfenden Blick darauf. Alle Daten sind korrekt. So wie sie sollten sich alle Malier fühlen, findet Sangaré Nana Coulibaly. “Ich möchte allen Menschen zurufen: Holt euch die Nina! Mit ihr können wir wählen und den Kandidaten bestimmen, den wir als Präsidenten haben wollen!“

Dabei stand die "Carte Nina" lange in der Kritik. Noch vor wenigen Wochen hieß es selbst seitens der Wahlkommission: Es wird nicht gelingen, die Karten bis zur ersten Runde der Präsidentschaftswahl am 28. Juli zu drucken und dann auch noch zu verteilen. Sangaré Nana Coulibaly kann über so viel Pessimismus nur den Kopf schütteln. "Anfangs gab es zwar Schwierigkeiten. Aber in meinem Viertel in der Hauptstadt Bamako hatten wir gar keine Probleme."

Überall in Bamako wird Werbung für die Wählerkarte – die “Carte Nina“ – gemacht (Foto: Katrin Gänsler)
Überall in Bamako: Werbung für die Wählerkarte – die “Carte Nina“Bild: DW/K.Gänsler

Erleichterung bei der Wahlkommission

Das Lob geht an die CENI – die unabhängige nationale Wahlkommission –, die für den reibungslosen Ablauf der Wahlen sorgen muss. Auch Issaga Kampo, erster Vize-Präsident der CENI in Bamako, wirkt erleichtert. Bis zu den Wahlen seien es außerdem noch ein paar Tage. "Mehr als 70 Prozent der Karten sind schon bei den Leuten. Wir könnten etwa 80 Prozent erreichen", rechnet Kampo durch. Aus seiner Sicht bedeutet diese Zahl auch: Die Wahlbeteiligung könnte am 28. Juli bei rund 50 Prozent liegen. Das hört sich erst einmal gering an. Doch für Mali wäre das keine schlechte Quote, denn noch vor wenigen Wochen war die Akzeptanz der Wahlen wesentlich geringer.

Internationale Gelder fließen wieder

Denn viele Malier ärgerten sich über den frühen Wahltermin am 28. Juli. Seit einem Putsch im März 2012 hat das westafrikanische Land keine demokratisch legitimierte Regierung mehr. Als Konsequenz drehten internationale Geber den Geldhahn zu und machten Druck. Erst wenn es Wahlen gibt, sollen die finanziellen Mittel wieder in vollem Umfang fließen, drohten die Geber. Das Geld fließt bereits jetzt wieder – und sogar schneller als gedacht. Trotzdem fühlten sich viele Menschen bevormundet und kritisierten: Die internationale Gemeinschaft soll dem Land mehr Zeit geben, um den Weg zurück zur Demokratie mit mehr Ruhe vorbereiten zu können.

Issaga Kampo, erster Vize-Präsident der nationalen, unabhängigen Wahlkommission (Foto: Katrin Gänsler)
Erwartet 50% Wahlbeteiligung - Issaga Kampo von der WahlkommissionBild: DW/K.Gänsler

Daher wird die Wahl einige Schwächen haben. Im Süden Malis leben rund 282.000 Binnenflüchtlinge. Sie hatten den Norden im vergangenen Jahr verlassen, da dieser erst von der Befreiungsbewegung von Azawad (MNLA) und später von islamistischen Gruppierungen besetzt worden war. Mittlerweile ist der Norden wieder weitgehend unter staatlicher Kontrolle, doch bislang ist die Rückkehrerquote gering. Deshalb leben die Binnenflüchtlinge weiter dezentral verteilt im ganzen Land. Wer als Flüchtling beispielsweise noch in Bamako lebt, hat keine Chance auf den Urnengang. "Die Menschen haben ihre Karten dort beantragt, wo sie eigentlich leben", erklärt CENI-Vize-Präsident Kampo. Doch niemand würde nach Gao oder Timbuktu fahren, nur um die "Nina" zu holen.

Wahlkabinen vor den Flüchtlingscamps

Eine andere Lösung ist für die Nachbarländer Mauretanien, Burkina Faso und Niger gefunden worden. Dorthin sind rund 175.000 Menschen geflohen. Viele von ihnen leben in Camps, vor denen am Wahltag nun Wahlurnen aufgestellt werden. Dort schätzt Kampo die Wahlbeteiligung jedoch als gering ein: "Meiner Meinung nach haben die Menschen andere Probleme, etwa die Suche nach einer Unterkunft und Essen. Die Wahl hat keine Priorität."

Das könnte auch im nordmalischen Kidal passieren. Die Stadt wurde im Gegensatz zu anderen Städten nicht bereits im Januar zurück erobert, sondern war bis Mitte Juni noch in den Händen der MNLA. Auch hier soll gewählt werden, aber in den vergangenen Wochen berichteten lokale Zeitungen fast täglich über Demonstrationen dagegen.

Karte von Mali (DW-Grafik)
Krisenherd Mali und das Gebiet der AzawadBild: DW

Gouverneur will in Kidal wählen

Gouverneur Aadama Kamissoko ist trotzdem optimistisch: "Wir werden wählen, und ich werde in Kidal wählen." Schließlich, so betont er, laufen auch dort die Vorbereitungen. Gerade hätten seine Mitarbeiter wieder an die 1000 Wählerkarten verteilt und viele Menschen würden wählen wollen.

In Bamako hat Wählerin Sangaré Nana Coulibaly ihre Carte Nina wieder sicher in der Handtasche verstaut. Lieber heute als morgen würde sie damit an die Wahlurne gehen. "Die Menschen hier wollen so sehr, dass die Wahlen stattfinden. Das wünschen wir uns von ganzer Kraft und mit unserem ganzen Herzen."