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Im Auftrag der Umwelt

Suzanne Cords4. März 2014

In Südafrika leitet die Regierungsangestellte Melinda Swift ein Team, das produktiven Ackerbau mit Naturschutz verbindet. Der Klimawandel hat die engagierte Landwirtschaftlerin nach Deutschland geführt.

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Melinda Swift und ihr Team stehen auf einem Feld (Foto: privat / Melinda Swift)
Bild: privat

Als Melinda Swift zum ersten Mal nach Deutschland kam, hatte sie einige Vorurteile im Gepäck. Alles hier sei perfekt durchorganisiert, nichts bleibe dem Zufall überlassen, die Leute hätten wenig Humor, und vor allem führen Busse und Züge immer pünktlich. Ihre neuen deutschen Bekannten konnten darüber nur lachen. "Dein Zug kam auf die Minute? Dann hast du aber Glück gehabt", lautete ein gängiger Kommentar. Schnell musste die lebenslustige Südafrikanerin feststellen, dass auch in Deutschland nicht immer alles rund läuft. "Das war mir sympathisch", lacht sie. "Es erinnerte mich an zuhause."

Vorreiterrolle in Sachen Nachhaltigkeit

Zuhause ist Melinda Swift in der Provinz Gauteng, der am dichtesten besiedelten Region Südafrikas rund um Johannisburg und der wirtschaftlichen Drehscheibe des Landes. Die Expertin der Provinzverwaltung hat hier federführend ein Projekt entwickelt, das verstärkt auf den ökologischen Aspekt zielt. Südafrika, so die Regierungsangestellte, nehme auf dem afrikanischen Kontinent in Sachen Nachhaltigkeit längst eine Vorreiterrolle ein: Der Staat verpflichtet Unternehmen, regelmäßig über ihre Umwelt- und Sozialmaßnahmen zu berichten.

Melinda Swift findet dieses Vorgehen richtig; eine Empfehlung allein reicht nicht, weiß sie aus Erfahrung. Zu unpopulär sind die Klimaschutzmaßnahmen bei Wirtschaftsunternehmen, da sie keinen unmittelbaren Profit bringen. Doch Melinda denkt langfristig: Bei einer steigenden Erderwärmung drohen den afrikanischen Küstenregionen massive Dürrekatastrophen. Außerdem ist ihr klar, dass Klimaschutz nur länderübergreifend funktionieren kann.

Melinda Swift (Foto: GIZ)
Beim Thema Klimaschutz hat Melinda gute ArgumenteBild: GIZ 2012

Ausbildung zur globalen Führungskraft

Deshalb nahm sie in ihrer Heimat an einem einjährigen Qualifizierungsprogramm der GIZ mit dem klangvollen Namen "Climate Leadership Plus" teil. Dort sollen weltweit Führungspersönlichkeiten ausgebildet werden, deren Kompetenzen über Fachwissen und hierarchisches Management hinausgehen. Die Teilnehmer entwickeln dazu Projekte, in denen es um die Herausforderungen des Klimawandels geht. Melinda Swift denkt bei ihrer Initiative aber nicht nur an die Umwelt, sondern schafft gleichzeitig auch Jobs für die arme Bevölkerung: "Einerseits rehabilitieren wir Feuchtgebiete, um natürliche Ressourcen zu erhalten", sagt sie. "Andererseits unterstützen wir Sozialhilfeempfänger dabei, weg von der Zuschussmentalität und hin zu einem langfristig gesicherten Lebensunterhalt zu gelangen."

GIZ-Alumna Melinda Swift aus Johannisburg und drei Kollegen sitzen im Café (Foto: privat / Melinda Swift)
Auch Führungskräfte brauchen mal Pause ...Bild: privat

Später Sonnenuntergang

Gemeinsam mit indonesischen Absolventen des Leadership-Programms kam Melinda Swift schon zweimal nach Deutschland zur GIZ, um das Gelernte in Seminaren zu vertiefen. "Einmal im Winter und einmal Sommer. Das sind ganz schöne Wetterextreme bei euch", lacht die Südafrikanerin. "Wir haben im Dezember eine Bootsfahrt auf dem Rhein gemacht, das war wunderschön, aber auch die reinste Folter - so eine Kälte bin ich nicht gewohnt." Beim zweiten Mal packte sich Melinda dicke Klamotten ein und schwitzte dann bei hochsommerlichen Julitemperaturen genauso wie daheim. "Dass die Sonne erst um 22.30 Uhr untergeht, habe ich auch noch nicht erlebt", berichtet sie fasziniert.

Auf ein Schwätzchen

Wenn sie nicht mit ihren Kollegen in Seminaren sitzt, geht die unternehmungslustige Melinda auf Entdeckungstour. Das deutsche Transportwesen hat es ihr angetan, denn in ihrer südafrikanischen Heimat sind Bus und Bahn nicht so weit verbreitet, und ganz ungefährlich ist diese Art des Reisens dort auch nicht. "Ich war stolz auf mich, dass ich es mit dem Zug allein von Bonn nach Köln geschafft habe", freut sie sich. Dort hat sie ehrfürchtig die imposante gotische Architektur des Doms und die ganzen Straßenkünstler bestaunt: "Aber das Beste war, immer wieder spontan mit Leuten ein Schwätzchen zu halten", strahlt sie.

Melinda kann zwar kein Deutsch, aber sie hat ein sonniges Gemüt und ein ansteckendes Lachen. Damit zieht sie die Leute schnell in ihren Bann, und dann erzählt sie gern, was ihr an Deutschland gefällt: dass man auf Schritt und Tritt jahrhundertealter Geschichte begegne, dass alles so sauber sei und die Leute so hilfsbereit. Ein richtiges deutsches Laster habe sie auch schon, gesteht sie freimütig. Sie könne an keiner Konditorei vorbeigehen, ohne sich ein oder eigentlich eher zwei Stück Kuchen zu gönnen. Bei der GIZ kennt man ihre Vorliebe schon. In den Arbeitspausen serviert man Melinda ganz in deutscher Tradition Kaffee und Kuchen.

Alumna Melinda Swift

Die Südafrikanerin schätzt diese kleinen Aufmerksamkeiten sehr. "Der Umgang der Deutschen mit Kollegen ist äußerst respektvoll", sagt sie. "Und in der Arbeit sind sie gewissenhaft. Wenn sie sich ein Projekt vornehmen, dann nicht nach dem Motto: Irgendwie kriegen wir das schon hin. Nein, Qualität wird großgeschrieben." In Südafrika sei das nicht immer so, räumt Melinda ein. Umso mehr will sie versuchen, diese deutsche Arbeitsweise auch in ihrem Team zu etablieren.

Man ist nie zu alt

Das Leadership-Programm der GIZ hat ihr viele Anregungen für ihren Arbeitsalltag mitgegeben. Aber nur weil man eine Ausbildung als Führungskraft mache, sei man noch lange kein Vorbild für andere, meint sie bescheiden. In Bonn hat Melinda Swift bei einem Symposium mit Begeisterung der Rede einer jungen deutschen Studentin gelauscht, die erzählte, wie sie persönlich für eine bessere Zukunft des Planeten kämpfen will – ganz ohne Auftrag. Dazu sei es wichtig, global zu denken und sich die neuen Technologien zunutze zu machen. "Ich bin jetzt in einem Alter, wo man denkt, man habe privat und beruflich alles erreicht", sagt Melinda nachdenklich. "Man wird unbeweglich. Und dann muss ich in Deutschland lernen: Es ist noch nicht alles vorbei, auch Mitte 40 kann und will ich noch viel verändern. Jetzt fahre ich nach Hause und packe das 21. Jahrhundert an."

Die Südafrikanerin Melinda Swift mit ihrer Tochter (Foto: privat / Melinda Swift)
Die Südafrikanerin wünscht sich für ihre Tochter eine intakte UmweltBild: privat