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Appell der Tochter

Tetyana Bondarenko / db3. Dezember 2013

Jewgenija Timoschenko kämpft für die Freilassung ihrer Mutter Julia aus der Haft und warnt vor einer Diktatur in ihrem Land. Den Westen ruft die Tochter der früheren ukrainischen Premierministerin zur Hilfe auf.

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Schweiz Ukraine Jewgenia Timoschenko in Genf REUTERS/Denis Balibouse
Bild: Reuters

Auf Druck Russlands stoppte der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch im November das lange geplante Assoziierungsabkommen mit der EU. Der Schritt führte zu Massenprotesten in der Ukraine. In der Hauptstadt Kiew ging die Polizei in Folge gewaltsam gegen Demonstranten vor, die friedlich den Rücktritt der Regierung fordern. Daraufhin gingen noch mehr Menschen auf die Straße, um den Präsidenten zum Rücktritt zu drängen.

Die wichtigste Rivalin von Janukowitsch ist Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko, die 2011 wegen Amtsmissbrauchs verurteilt wurde. Es gibt allerdings Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Strafe. Für die EU ist die Freilassung Timoschenkos eine Hauptbedingung für jegliche Abkommen mit der Ukraine, die den Handel ausweiten und den Weg zur EU-Mitgliedschaft ebnen würden. Im Gespräch mit der DW erklärt Julia Timoschenkos Tochter Jewgenija, welche Rolle ihre Mutter bei den Protesten spielt.

DW: Wie schätzen Sie die Proteste der vergangenen Woche in der Ukraine ein?

Jewgenija Timoschenko: Es geht nicht nur darum, dass Janukowitsch den Ukrainern eine europäische Zukunft verwehrt, indem er sich weigert, das Abkommen zu unterzeichnen. Es geht auch um Polizeigewalt, die von den Anhängern des Präsidenten organisiert wurde. Sie haben junge Leute verprügelt, die sich an friedlichen Protesten beteiligt haben. Das hat die Menschen empört. Also strömten am Sonntag noch mehr Demonstranten auf die Straße - bis zu einer Million. Bei diesem Protest geht es nicht nur um eine europäische Zukunft der Ukraine. Es ist der Kampf jedes Einzelnen gegen ein Regime, das ihm wirtschaftliche Grundlagen, Perspektiven und die Zukunft als Teil Europas genommen hat.

Ihre Mutter scheint eine wichtige Rolle bei dem Assoziierungsabkommen zu spielen. Welche ist das?

Meine Mutter hat der EU klar gesagt, dass ihre Inhaftierung nicht mit dem Abkommen in Zusammenhang gebracht werden soll. Sie machte mehrere Zugeständnisse: So bat sie die Opposition, im Parlament einstimmig für die europäische Integration zu stimmen. Sie willigte sogar ein, sich in Handschellen außer Landes bringen zu lassen. Noch wenige Tage vor dem Gipfel sagte sie, wenn Janukowitsch doch in letzter Minute beschließe, das Abkommen zu unterzeichnen, solle die EU es auch ohne ihre Freilassung unterschreiben.

Wie schätzen Sie Russlands Politik gegenüber der Ukraine ein?

Es steht mir nicht zu, das zu kommentieren. Aber als Ukrainerin bin ich mir darüber bewusst, was die Machthaber in der Ukraine tun sollten. Zuerst müssen sie ukrainische Interessen schützen und der Korruption einen Riegel vorschieben. Denn die Korruption ist der Grund für den wirtschaftlichen Verfall des Landes. Die ukrainische Wirtschaft ist in Gefahr, also müssen wir unsere Unabhängigkeit Stück für Stück bei den Nachbarn eintauschen, die einen gewissen Appetit auf die Ressourcen der Ukraine verspüren. Nach dem Scheitern des Assoziierungsabkommens noch einmal deutlich geworden, dass Janukowitsch nie eine Strategie des Anschlusses an Europa verfolgt hat.

Was erwarten Sie in naher Zukunft von der EU?

Als ich gestern meine Mutter besuchte, war sie schon seit neun Tagen im Hungerstreik. Sie appellierte an Europas Staatschefs und die demokratische Welt, nicht zuzulassen, dass die Janukowitsch-Diktatur ihre Macht vergrößert. Denn das Verprügeln junger Menschen, das ist nur der Anfang.

Jetzt, wo Hunderttausende auf den Straßen demonstrieren, um Janukowitsch und seine Regierung unter Druck zu setzen, sind wir dankbar, dass europäische Führer eine ukrainische Nation unterstützen, die sich erhebt. Die Opposition sieht ihre Aufgabe darin, dem ukrainischen Volk zu helfen, damit seine Anliegen von den Politikern des Regimes gehört werden. Wir müssen aber leider feststellen, dass die Politiker nicht wahr haben wollen, dass sich eine ganze Nation erhebt und Taten fordert.

Als Julia Timoschenkos Tochter möchte ich im Namen derer, die für Demokratie in der Ukraine kämpfen, an die demokratischen Nationen dieser Welt appellieren und sie bitten, weiter um die Freilassung meiner Mutter zu kämpfen, damit sie keine politische Geisel des Regimes bleibt.

Das Gespräch führte Tetyana Bondarenko.

Jewgenija Timoschenko setzt sich für die Interessen ihrer inhaftierten Mutter ein und wirbt für die Anbindung der Ukraine an die Europäische Union.